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Mastzellaktivierungssyndrom - eine Erklärung für unerklärliche Beschwerden?

Aktualisiert: 11. Juli 2023


Mastzellen sind gewebeständige weiße Blutkörperchen, die ca. 200 verschiedene Botenstoffe enthalten. Einige dieser Botenstoffe sind uns von Allergien bekannt - z.B. das Histamin.

Ihre eigentliche Aufgabe ist es uns vor parasitären und bakteriellen Infektionen zu schützen.

Die Ausschüttung der Botenstoffe, die in der Mastzelle enthalten sind kann entweder durch Allergie-Antikörper (IgE) eingeleitet werden, aber auch nicht-immunologisch, also z.B. durch bestimmte Medikamente oder Nahrungsmittel.


Der Begriff Mastzellaktivierungssyndrom beschreibt lediglich den wiederkehrenden Zustand einer erhöhten Last an Botenstoffen aus Mastzellen, jedoch nicht, welche Erkrankung zugrunde liegt - dies bedarf einer weiteren separaten Abklärung nach Diagnosestellung. In Frage kommen: Allergie, systemische Mastozytose, Allergie-unabhängige Hypersensitivität, hereditäre Tryptasämie, idiopathisches MCAS.


So vielfältig wie die Botenstoffe der Mastzellen sind auch die davon verursachten Symptome, was es oft schwierig macht, schnell zu einer Diagnose zu gelangen. Viele PatientInnen warten jahrelang (im Schnitt 7 Jahre) auf eine Erklärung Ihrer Beschwerden.


Zu den Symptomen gehören:

  • Nesselsucht

  • Flush

  • Juckreiz

  • Kopfschmerzen

  • Brain Fog

  • Blutdurckregulationsstörungen

  • Tachykardie

  • Durchfall

  • Sodbrennen

  • Bauchkrämpfe

  • Blähungen

  • Muskel- und Gelenkschmerzen

Diese Symptome sind nicht spezifisch für das MCAS und können selbstverständlich auch durch andere Erkrankungen verursacht werden. Daher ist es sehr wichtig, dies mit einem Facharzt (z.B. für Innere Medizin, Gastroenterologie, Allergologie, Rheumatologie oder Dermatologie) genau zu besprechen und mögliche andere Ursachen auszuschließen.


Wie diagnostiziert man nun ein Mastzellaktivierungssyndrom?

Hierzu wurden im Jahr 2012 von Valent et al. drei Kriterien erarbeitet, die alle erfüllt werden müssen, um die Diagnose eines MCAS stellen zu dürfen:

  1. Typische Symptome, die episodisch auftreten und mindestens 2 Organsysteme betreffen.

  2. Biochemische Bestätigung einer erhöhten Mastzellaktivität - hier wird oft die Tryptase als wichtigster Marker genannt.

  3. Verbesserung der Symptome auf Mastzell-stabilisierende Medikation oder auf Medikamente, die die Wirkung eines Mastzell-Botenstoffs blockieren (z.B. Histaminblocker)

Es sehr wichtig zu wissen, dass ein normaler Tryptasewert keinesfalls ein MCAS ausschließt, da dieser Wert individuell sehr unterschiedlich sein kann. Vielmehr ist es sinnvoll zunächst an beschwerdefreien bzw. beschwerdearmen Tagen eine Tryptase "Baseline" zu messen und damit einen Ausgangswert zu erhalten. Eine weitere Tryptase Messung sollte dann zu einem Zeitpunkt mit starken Symptomen erfolgen. Wenn es zu einem relevanten Anstieg (20%+2ng/ml) der Tryptase im Vergleich zum Ausgangswert kommt, kann damit die Diagnose eine MCAS bestätigt werden.


Betreffen die Symptome also ausschließlich den Magen-Darm-Trakt, kann man nicht von einem Mastzellaktivierungssyndrom sprechen. Hier gibt es jedoch die sog. Mastzellen-assoziierte Enterocolitis, die verschiedene Symptome im Magen-Darm-Trakt (wie Durchfälle) erklären kann, wenn keine sonstige Ursache gefunden wird. Um diese Diagnose zu stellen, werden Gewebeproben aus den verschiedenen Abschnitten des Magen-Darm-Trakts benötigt (diese können im Rahmen einer Magen- und/oder Darmspiegelung gewonnen werden). In diesen Gewebeproben können dann Mastzellen mittels eines speziellen Antikörpers gegen CD117 angefärbt und ausgezählt werden. Überschreitet die Anzahl der Mastzellen eine gewissen Wert, kann die Diagnose gestellt werden und es sollte auch hier eine Mastzellen-stabilisierende Therapie erfolgen. Sollte die Wartezeit auf einen Termin beim Mastzellspezialisten sehr lange sein, kann ein Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Normalize Immune ) bis zum Termin versucht werden (Achtung - die Tryptase sollte vorher abgenommen werden!).



Quellen:

Valent P, Akin C, Bonadonna P, Hartmann K, Brockow K, Niedoszytko M, Nedoszytko B, Siebenhaar F, Sperr WR, Oude Elberink JNG, Butterfield JH, Alvarez-Twose I, Sotlar K, Reiter A, Kluin-Nelemans HC, Hermine O, Gotlib J, Broesby-Olsen S, Orfao A, Horny HP, Triggiani M, Arock M, Schwartz LB, Metcalfe DD. Proposed Diagnostic Algorithm for Patients with Suspected Mast Cell Activation Syndrome. J Allergy Clin Immunol Pract. 2019 Apr;7(4):1125-1133.e1. doi: 10.1016/j.jaip.2019.01.006. Epub 2019 Feb 5. PMID: 30737190; PMCID: PMC6643056.

Weinstock LB, Pace LA, Rezaie A, Afrin LB, Molderings GJ. Mast Cell Activation Syndrome: A Primer for the Gastroenterologist. Dig Dis Sci. 2021 Apr;66(4):965-982. doi: 10.1007/s10620-020-06264-9. Epub 2020 Apr 23. PMID: 32328892.

Jakate S, Demeo M, John R, Tobin M, Keshavarzian A. Mastocytic enterocolitis: increased mucosal mast cells in chronic intractable diarrhea. Arch Pathol Lab Med. 2006 Mar;130(3):362-7. doi: 10.5858/2006-130-362-MEIMMC. PMID: 16519565.

Valent P, Akin C, Arock M, Brockow K, Butterfield JH, Carter MC, et. al. Definitions, criteria and global calssification of mast cell disorders with special reference to mast cell activation syndromes: a consensus proposal. Int Arch Allergy Immunol 2012;157:215-25

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